Unterricht nach der Lichtenberger® Methode
Das
Lichtenberger® Institut für angewandte
Stimmphysiologie wurde 1982 von Gisela Rohmert (Sängerin/Gesangspädagogin)
und Dr. Ing. Walter Rohmert (Professor für Arbeitswissenschaft TU-Darmstadt)
gegründet. Ausgangspunkt war 1980 ein Forschungsprojekt am Institut für
Arbeitswissenschaft der TU Darmstadt. 2002 übernahmen Johanna Rohmert-Landzettel
(Sängerin, Geigerin, Feldenkrais Practitioner) und Martin Landzettel (Geiger) die
Leitung des Instituts.
Mit umfangreichen physiologischen und akustischen Messmethoden wurden die
Vorgänge bei Gesang und Instrumentalspiel erfasst. Zahlreiche Körpertechniken
und physiologische Modelle wurden in ihrer Wirkung auf den Stimmklang
untersucht.
Freiheit und Leichtigkeit des Singens, großer Stimmumfang und weitgehende
Altersunabhängigkeit waren das anfängliche Postulat. Damals hieß das
Institut noch „Lichtenberger Institut für funktionales
Stimmtraining“.
Ein erweitertes Verständnis der Beziehung des sensorischen Nervensystems
zum Klang führte zu einem neuen Ansatz in der Stimm- und
Instrumentalpädagogik.
[entnommen aus der Selbstbeschreibung des Instituts]
Beeindruckend ist das Wissen über stimmphysiologische Funktionszusammenhänge
und die sensorische Relgulation durch die verschiedenen Nervenzentren,
welches in Umfang und Tiefe möglicherweise einmalig sind. Faszinierend
auch die Unterrichtsmethode, die auf Stimmulation und
Selbstregulation setzt.
Sie bedient sich, durch Intuition und Empathie geleitet, eines tiefen
Wissens um die Vorgänge des Singens (und des Lebens generell), die in
jedem Menschen strukturell verankert sind.
Bei der Stimmulation wird das System „Sänger“, in
Abgrenzung zur Manipulation, angeregt. Es werden Prozesse im
synergetischen Sinne angestoßen, hin zu einer Selbstregulation der
Stimme. Also einer Regulation aus sich selbst heraus. Dagegen steht
die Manipulation, die versucht von außen her zu regulieren, was nicht
richtig „funktioniert“. Besser ausgedrückt, das Singen der
Erwartung von definierten Normen anzupassen, die nicht aus den
Stimmprozessen selbst stammen, sondern von außen eingebracht werden.
Gisela Rohmert führt dazu aus: „Der Stimmulationssender (Pädagoge)
scheint aus einem größeren, flexibleren Konzept heraus zu agieren, der
Manipulationssender (Trainer) bewegt sich in einem engeren,
‚orthodoxen’ Rahmen. In der Stimmulation wird die Regel nicht
fest definiert, während die Manipulation eine Regel aus ihrem Umfeld
herauslöst. Die Stimmulation riskiert eine andere als die erwartete
Antwort (verbal-nonverbal), die Manipulation definiert sich über das
festgelegte Ziel.“[„Der Sänger auf dem
Weg zum Klang“, Lichtenberger Musikpädagogische Vorlesungen,
Gisela Rohmert, Zeitschrift für Arbeitswissenschaft, 1991, S. 52/53]
So hat ein (manipulatives) Trainingsmodell in der Regel einfach zu
verstehende Lösungen zur Hand, die ein begegnetes sängerisch- oder
instrumental-technisches Problem zu lösen gedenkt, in dem es das Problem
aus seinem Kontext und Umfeld heraus isoliert. Es löst das betrachtete
Problem aber nicht wirklich. Wie oft erlebt man, dass solch ein
„Trick“, wenn er denn „funktioniert“ (denn
er funktioniert nicht bei jedem - somit sucht sich das Trainingsmodell
seine für die Methode „begabten“ Schüler aus), am
nächten Tag, oder in der nächsten Woche nicht mehr funktioniert. Oder
er funktioniert immer nur im Unterricht, aber selten beim häuslichen
Üben, oder er funktioniert beim Üben, aber nicht mehr bei einem
Auftritt oder Konzert. Die Rahmenbedingungen, in die eine
Problemstellung immer eingebettet ist, sind außer Acht gelassen. Diese
Können die Problemkonstellation aber erheblich verändern. Eine
stimmulative Pädagogig braucht vielleicht länger, um Probleme zu
lösen, ist dafür aber nachhaltiger und stabiler und vor allem
mit einem qualitativ anderem Ergebnis. Ein weiterer Vorteil:
Weil die Regulation aus der Stimme selbst heraus geschieht, hat der
Musiker den Kopf frei von offensichtlichem oder unterschwelligem
Leistungsdruck, für kreastive Begenungen mit der Musik, sich selbst und
den Zuhörern.
Frau Rohmert schreibt weiter: „Die Stimmulation beruht auf einem
Eingabe-Antwort-Modell. Kein Pädagoge kann genau wissen, welches
Element oder welche Ebene er im ‚System’ Sänger am stärksten
in Bewegung gebracht hat. Vielleicht hat er über einen Vorschlag, der
den Klang betrifft, eine gewohnte Körperbewegung verschoben oder eine
bestimmte Emotion angeregt, eine Frustration augeslöst oder das Konzept
des Sängers irritiert. Vielleicht hat er, ohne es zu beabsichtigen, eine
Destabilisierungsphase oder eine Fluktuation eingeleitet (im synergetischen
Sinne ein Glücksfall), die auf keinen Fall rückgängig gemacht werden
sollte.“ Und: „Währen der ‚Trainer’ hart am
Thema entlang handelt (manipuliert), versucht der ‚Pädagoge’,
den Antrieb im Menschen, alle Ebenen zu einer Einheit zu verschmelzen,
dadurch zu unterstützen, dass er auch alle diese Ebenen in dem
Stimmulationsvorgang mit einbezieht: Körper, Sinnesorgane, Imagination,
Psyche, Geist.“
Der Versuch den Unterricht zu beschreiben, kommt der Realität des Unterrichts
sowie der empfundenen Bedeutung nur unklar nahe. Schüler*innen würden
wahrscheinlich sehr unterschiedliche Aspekte des Unterrichts als herausragende
Punkte hervorheben. Für jede*n ist die Beschäftigung mit der
eigenen Stimme auf dieser Grundlage äußerst spannend, anregend und
wohltuend.
Das Verstehen kommt durch das Erleben im Tun.