Orpheus, beschrieben in der griechischen Mythologie, hat um 1500 v. Chr. in Griechenland gelebt und war ein Meister der Kitharodie. Er war Sänger, Instrumentalist, Dichter, Heiler und einiges mehr in einer Person.
Seine Mutter war die Muse Kalliope, eine der neun Töchter des Zeus. Sie ist die Muse der epischen Dichtung, der Wissenschaft, der Philosophie, des Saitenspiels, sowie des Epos (Erzählungen) und der Elegie (Trauer- oder Klagegedichte). Kalliope ist die älteste und weiseste der neun klassischen Musen.
Orpheus Vater war entweder der thrakische König und Flussgott Oiagros oder Apollon, der Gott des Lichts, des Frühlings, der sittlichen Reinheit und Mäßigung sowie der Weissagung und der Künste, insbesondere der Musik, der Dichtkunst und des Gesangs; außerdem ist er ein Gott der Heilkunst und der Bogenschützen. Von Apollon bekam er seine von Hermes gefertigte Kithara (ein gezupftes Saiteninstrument aus der Gruppe der Leiern) geschenkt.
Orpheus galt als der beste Sänger und berührte alles und jeden mit seinem Gesang, sich selbst begleitend auf der Kithara. Er bezauberte nicht nur Menschen, Tiere (Haustiere und wilde Tiere saßen paradiesisch nebeneinander und lauschten seiner Musik), Pflanzen (die Bäume zogen ihre Wurzeln aus der Erde und folgten dem Klang) und Götter (seine Musik besänftigte Hades, den Herrscher der Unterwelt, so dass er ihm eine Bitter erfüllte, die keinem anderen Menschen zu Teil wurde), er besänftigte auch das wütende Meer, übertönte die Sirenen und brachte Felsen zum Weinen.
Man könnte sagen, er wirkte harmonisierend und erlösend auf die Welt.
Außerdem war er in der Lage den merköpfigen Höllenhund Kerberos, der den Eingang zur Unterwelt bewacht, damit kein Lebender eindringt und kein Toter herauskommt, zu besänftigen und Charon, den Fährmann an der Styx, dazu bewegen, ihn mit in die Unterwelt zu nehmen. Damit konnte er zwischen der Ober- und Unterwelt wechseln, was eigentlich keinem Menschen ermöglicht werden sollte.
Er war ein Mittler zwischen der "Tages"- und "Nacht"-Welt, zwischen dem Reich der Schatten und der Götter, dem Unterbewusstsein und Bewusstsein, der rechten und linken Hemisphäre des Gehirns und zwischen der körperlich-materiellen und der energetisch-geistigen Welt.
Sein Mittel zu solchen Grenzüberschreitungen und zur Korrespondenz zwischen diesen getrennten Welten war seine Stimme.
Elisabeth Hämmerling beschreibt ihn in ihrer Abhandlung "Orpheus Wiederkehr" (Interlaken, Ansata, 1984) einen, der eine "Fahrt" macht und mit Hilfe seiner Stimme Geister beschwört. Einen, den die Thraker, dann die Griechen bis zu den ersten Christen als "der Ärzte Bester" beschrieben, als Heiler und Heiland verehrten.
Weitere hochinteressante Einsichten in den Mythos Orpheus bietet Robert Böhme in:
- "Orpheus. Der Sänger und seine Zeit" (Bern, Francke, 1970)
- "Unsterbliche Grillen" (Jahrb. d. dtsch. arch. Inst. 69, 1954)